New Work: Digitale Teilhabe der Silver Surfer

2016-04-05 10:00
von Gastautor
Der digitale Knochen
Foto: Kristin Oldenburg

05.04.2016 - Gastbeitrag - Im Zuge der zunehmenden Digitalisierung bzw. des digitalen Wandels sprechen wir auch von einer Veränderung der Arbeitswelten. Letzteres wird im Moment Arbeiten 4.0 oder NewWork genannt. Ist das wirklich so neu und was bedeutet das für neue Arbeitsformen? Und sind diese Veränderungen wirklich eine Folge der Digitalisierung?  


Digitale Teilhabe der Silver Surfer

Die Nutzung digitaler Medien und mobiler Geräte nimmt immer mehr zu - an Intensität und an Abdeckung der Haushalte und Altersgruppen. Im öffentlichen Bild sind es eher junge Menschen, die mit dem Blick auf Smartphones und Tablets auffallen. Die Gruppe der sogenannten SilverSurfer wird mit digitalen Inhalten und deren Nutzung nicht oft in Verbindung gebracht. Dabei ist diese Gruppe auf dem Vormarsch. Ein Blick auf die digitalen Nachzügler mit Kaufkraft in Deutschland.

Wer ist damit eigentlich gemeint?

Der Zugang zum Internet ist de fakto flächendeckend in Deutschland möglich, über 80% der Haushalte haben mit stationären und/oder mobilen Geräten die Möglichkeit der Nutzung. Die Gruppe der 60 Jährigen (und darüber hinaus) holt nun nach, was die Jüngeren schon längst durch Schule und Beruf inhaliert haben. Gefallene Preise für Smartphone, Tablet und Co. und die wachsenden Angebote im Netz für alle Altersgruppen sorgen für einen steten Zustrom der sogenannten SilverSurfer.

Die auch Best Ager genannten sind nicht nur ein „großes Kundenpotenzial, sie verfügen auch über die höchste Kaufkraft in Deutschland. Senioren (sind mehr) an ihr Zuhause gebunden und daher kauffreudiger als der Durchschnitt sind. 60 Prozent der Senioren mit Internetzugang haben schon einmal etwas online bestellt.

(Quelle: http://www.absatzwirtschaft.de/so-wichtig-ist-die-generation-silver-surfer-wirklich-41363/)


Die Nutzungszahlen/-zeiten der Menschen bis 60 Jahre und darüber steigt kontinuierlich an:

Internetnutzer in Deutschland 1997 bis 2015 in %

 

zumindest gelegentlich genutzt

täglich genutzt

 

1997

2000

2003

2006

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2013

2014

2015

50-59 J.

3,0

22,1

48,8

60,0

67,4

68,9

69,1

76,8

82,7

82,1

83,2

51,9

48,2

56,1

ab 60 J.

0,2

4,4

13,3

20,3

27,1

28,2

34,5

39,2

42,9

45,4

50,4

24,4

26,1

29,6

(Quelle: http://www.ard-zdf-onlinestudie.de/index.php?id=533)

Und die Gebiete der Internetnutzung spiegeln den Werdegang eines Users wieder. Erst werden E-Mails geschrieben / gelesen (Familien sind räumlich getrennt, Freunde leben an verschiedenen Orten). Danach folgt die Suche nach Informationen. Später folgt die Nutzung von Onlineangeboten zur Unterhaltung.


Onlinenutzung

Onlinetätigkeiten und -anwendungen 2015 nach Geschlecht und Alter mindestens einmal wöchentlich genutzt, in %:

 

Kategorie*

Gesamt

Frauen

Männer

14-29 J.

30-59 J. 

ab 60 J.

Onlinetätigkeiten

             

Senden/Empfangen von E-Mails

K

78

77

79

71

83

73

Informationen suchen

I

76

71

80

83

78

59

Artikel und Berichte im Internet lesen 

M

59

53

64

68

61

43

Aktuelle Nachrichten nutzen

M

53

47

58

63

54

36

Videos (netto) gesamt**

M

53

43

62

86

47

25

Onlinebanking

T

34

31

36

29

39

24

Digitale Landkarten/Stadtpläne nutzen

I

28

25

30

28

31

20

Information (I), Kommunikation (K), Mediennutzung (M), Spielen (S) und Transaktion (T)

(Quelle: http://www.ard-zdf-onlinestudie.de/index.php?id=531)


Informationen im Internet gesucht - Top 5 Produkte: 

Bei Silver Surfern hoch im Kurs: Bücher online bestellen (Foto Martin Wozenilek)

Das unterstützt auch die AGOF in ihrer aktuellen Studie und schlüsselt die gesuchten Informationen / Dienstleistungen von Nutzern ab 60 Jahren auf.

  • Hotels für Urlaubs- oder Geschäftsreisen 48,5
  • Urlaubsreisen oder auch Last-Minute-Reisen 48,5
  • Bücher 47,9
  • Bahntickets 39,1
  • Eintrittskarten für Kino, Theater, etc. 38,7

(Quelle: https://www.agof.de/studien/digital-facts/aktuelle-studie/)


Zielgruppe und Internetmacht

Natürlich sind aus Sicht der Wirtschaft solche Zahlen interessant, um weitere Absatzmärkte online zu erschließen. Doch die andere Seite der Medaille ist, dass die wachsende Gruppe selbst an digitaler Macht und Einfluss gewinnen wird. Deutschland altert, die Senioren sind in der Regel noch gesundheitlich und geistig rege und die digitale Welt ermöglicht entspannten Zugang zu allen Informationen von zuhause.

Anbieter von Dienstleistungen, Programmierer und Internetshops müssen sich mit Ihrer Usability darauf einstellen. Service bedeutet einen Barrierearmen Zugang und gut strukturierte Seiten. Die Kaufkraft der Gruppe wird online zunehmen – es ist ein sehr bequemes Medium. Doch auch die Meinungsbildung/-äußerung ist Bestandteil der Nutzung. Während sich in den letzten Jahren digitale Nutzer so organisierten (Beispiel Piraten, AfD), treten mit Sicherheit auch die SilverSurfer auf den Plan, um im Verbund ihre politischen Interessen zu wahren.

Lernen und Lehren

Der komplexen Materie entsprechend gibt es zwei Wege für die Gruppe 60+ zum Internet. Hartes Arbeiten als Autodidakt mit neuer Technologie oder Wissenserwerb mit Hilfe der Jüngeren. Enkel und Kinder lehren die Senioren im Umgang mit der Technologie, helfen beim Einrichten der Mailaccounts und Lesezeichen im Browser. Der Zugang zu Technologie bringt (mit Verzögerung) einen Umkehreffekt. Das Wissen und die Erfahrung der SilverSurfer kann schnell und weltweit abgerufen werden. Sind es erst die Kinder und Enkel, die sich einen Rat von den Altvorderen holen, rücken die Unternehmen nach. Ehemalige Mitarbeiter bleiben / werden Teil der Community von Unternehmen. Sie geben Ihr profundes Wissen an die Kollegen weiter. Und ausgeschriebene Projekte / Ideen können von den älteren Nutzern mit unterstützt werden.

Erfahrungen aus der eigenen Arbeit

In meiner Tätigkeit bei Hausmann Immobilien ist der Kontakt zur oben beschriebenen Zielgruppe Alltag. Wie verhält sich diese zum Thema Online?

Es gibt natürlich noch den Kreis der Kunden, die eine Telefonnummer und sonst keine Erreichbarkeit außer dem Postweg haben. Es wird auch (selten) gefaxt. Immer mehr Standard wird die Kommunikation (siehe auch oben) per E-Mail. Die in diese Kommunikation eingebundenen Informationen geben Aufschluss über benutzte Programme und Geräte. Der Löwenanteil fällt auf stationäre Nutzung eines PC/Notebooks. Langsam nimmt der Anteil der Tablets zu. Eine Kommunikation via Smartphone ist zu vernachlässigen, da die mit ihren kleinen Monitoren nicht der Zielgruppe entsprechen. Email-Anhänge werden von den SilverSurfern versandt und empfangen, die Anzahl ist aber noch gering.

Im direkten Kontakt erweisen sich digitale Geräte zu Präsentation der eigenen Arbeit als nützlich, kommen aber noch nicht umfassend zum Einsatz. Die Altersgruppe ist den herkömmlichen Weg der Kommunikation von Angesicht zu Angesicht gewohnt. Ein Wandel ist aber sichtbar in der Ausstattung der Haushalte mit entsprechenden Geräten. Auch mein Unternehmen wird sich dem Wandel anpassen und die Entwicklung aufmerksam verfolgen. Die Zielgruppe ist hochinteressant und in der Entwicklung begriffen.


Linksammlung zu ergänzenden Beiträgen

Stiftung digitale Chancen: TABLET PCs FÜR SENIORINNEN UND SENIOREN - Untersuchungs- und Erfahrungsbericht 2012 – 2014 (PDF)

 


Tom T. Köhler

Im Internet zuhause, am Smartphone daheim. Ja, ich bin online - und das ist gut so.

Blog: Abendfarben / Twitter: @abendfarben / Xing: Tom T. Köhler


Wir beleuchten in diesem Blog in den kommenden Wochen verschiedene Aspekte von New Work und digitaler Teilhabe. Im Wechsel werden Gastautoren als auch das Team von Digital Mesh zu Wort kommen. Wir freuen uns auf interessante Inhalte, über die wir gerne weiter mit Euch sprechen.

Ein besonderer Dank geht an Microsoft, welche uns in äußerst unbürokratischer Art und Weise unterstützen, diesen 'Content Hub' mit Gedanken zum Digitalen Wandel vor allem unserer Arbeitswelten zu befüllen.


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